Freitag, 27. September 2013

Zurück nach Medellín - und weiter

Eigentlich habe ich mit den Polizisten nur gute Erfahrungen gemacht, aber wenn einer die Strecke nicht kennt und trotzdem Auskunft gibt ...

Wären wir die Strecke durch die Berge von Duitama nach San Gil nicht gefahren hätten wir

  • die herrliche Landschaft nicht erlebt
  • das Dorf und den Tempel der TAO-Anhänger (Christliche Glaubensrichtung) in absoluter Abgeschiedenheit nicht kennen gelernt
  • die staunenden Menschen nicht gesehen, die wohl noch kaum Touristen auf diesem Weg gesehen haben 
  • die Bauern, die von kaum etwas leben, uns völlig durchnässt aber ein Dach als Schutz vor dem Regen bieten konnten, nicht getroffen und nichts aus ihrem Leben erfahren
  • nicht manchmal überlegt, ob ich nun auf der Strasse oder in einem Bachbett fahren
  • nach Einbruch der Nacht nicht im schmucken Dorf Charalá übernachtet und noch einen Tag Pause angehängt, um das Dorf und Museen zu besichtigen und im Pozzo Gallo zu schwimmen 
Wenn ich gewusst hätte in welche Zustand die 100 km lange Strecke ist, wäre ich sie nicht gefahren. So bin ich schlussendlich froh, dass ich falsch informiert wurde.

Fast wie der Camino de la muerte in Bolivien. Natürlich kam der Schulbus in dem Moment, als wir am Fotografieren und umpacken waren und ich musste relativ weit fahren, bis er überholen konnte. Aber nach dem nächsten Dorf war fertig, ab hier kommen nur noch 4WD durch.

Der Parque el Gillernal (Hühnerstall) in San Gil ist in dieser Hitze eine Wohltat. Alle Bäume sind mit diesen abgestorbenen Pflanzengirlanden behängt, es sind mir unbekannte Parasiten.




Wir besichtigen das alte Kolonialstädtchen Barichara und übernachten dort. Am nächsten Tag ist Bugaramanga, resp. Girón, unser Ziel. Im Süden teilen sich die Anden in drei Höhenzüge, die Cordillera Oriental, Central.und Occidential. Hier teilt sich die Cordillera Occidental nochmals in drei Höhenzüge. Etwas viel Geografieunterricht, aber manchmal staune ich wirklich! Rechts von uns liegt ein knapp tausend Meter tiefer Canyon. Ich weiss dass eine der längsten Seilbahnen der Welt hinunter in den Canyon und auf der anderen Talseite wieder hinauf führt. Warum sehe ich sie wohl nicht? Die Einfahrt zum "Parque Nacional de Chichamocha" kommt, aber de Seilbahn liegt auf der linken Seite, dort ist der Canyon sogar noch tiefer! Die Bahn ist 6,3 km lang und führt von 1'490 m hinunter zum Rio Cauca auf 542 m und dann wieder hinauf auf das Plaleau von 1'612 m. Manchmal fühle ich mich etwas alt, aber manchmal denke ich dass ich alt aussehe muss. Hier kriege ich das Ticket für sFr. 11.-- statt sFr. 20.-, weil ich sage dass ich über 60 Jahre alt bin - und noch NIE wollte jemand einen Ausweis sehen! Wenn das kein Frust ist! Warum ich so viele Geografieangaben mache? Damit du dir vorstellen kannst, dass Kolumbien DAS Motorradparadies ist, es gibt fast nur Kurven!

Hätte ich auf der Rückfahrt nach Medellín nicht diesen Plattfuss gehabt (erst der Zweite ausserhalb einer Stadt!), genau bei einem Restaurant, hätten wir diesen herrliche Badeplatz nicht kennen gelernt



In Jericó wollte ich noch Lederwaren einkaufen, so machten wir einen Ausflug in diese Gegend, zuerst jedoch nach Jardin,

Kolumbien hat einige der besten Fahrrad-Rennfahrer, dieser Sport ist hier sehr populär, es hat herrliche Passfahrten und am Wochenende dementsprechend viele Fahrradfahrer unterwegs..

In Jardin, aber auch in anderen Dörfern, "lebt" die Plaza.

Kunstvoll bemalte Stühle, die Rückseite mit Leder überzogen.

Nicht nur um die Plaza, welche in Kolumbien meist "Parque" heisst, sondern im ganzen Dorf und ausserhalb sind die Häuser fröhlich bemalt.



Diesmal war die Information des Polizisten korrekt, er hat uns gut beraten. Statt 1'500 m hinunter ins Tal und wieder hinauf nach Jericó fuhren wir die 33 km lange Naturstrasse in recht gutem Zustand. Wir sparten keine Zeit, aber konnten die herrliche Bergwelt geniessen.


Im kleinen Dorf Buenos Aires (gute Luft) stimmt der Name noch, im Gegensatz zum grossen Bruder in Argentinien.
Auch in Jericó hat es viele wunderschön bemalte Häuser, viele mit Blmenschmuck.



Und schon wieder sind die drei gemeinsamen Wochen vorbei. Wir haben 2'000 km zurückgelegt, haben an 12 verschiedenen Orten geschlafen, haben geschwitzt und kühl gehabt. Sonne und Regen erlebt.

Für mich darf ich sagen, alle Länder welche ich in Südamerika bereist habe, waren faszinierend und spannend, aber Kolumbien ist speziell.
Hierhin zu reisen lohnt sich auf jeden Fall.
Pablo Escobar hat Medellín und Kolumbien geprägt. Die Tour über sein Leben und Sterben war interessant.

Ein schönes Beispiel wie schlussendlich das Gute über das Böse siegen kann und wie Kolumbien seither aufblüht. Am 2. Dez. 1993 wurde er 44-jährig erschosen.



Norah ist zurück nach Bolivien geflogen, ich bin in Cartagena. Morgen läuft die Stahlratte aus, dieses Schiff bringt mich nach Panama.

Adieu Südamerika. Herzlichen Dank, ich durfte hier seit November 2008 eine bereichernde und schöne Zeit erleben, durfte unzählige Menschen und Orte kennen lernen. 69'000 km habe ich zurückgelegt. Ich habe meinen Entscheid mein Leben zu ändern noch keinen Moment bereut!

Zentralamerika, ich freue mich auf neue Eindrücke und Erlebnisse.

Sonntag, 15. September 2013

Mit Norah unterwegs

Blick von unserem Hotel auf Medellín.
Nach zwei Tagen in Medellín brechen wir auf Richtung Bogotá, etwa zwei Wochen möchten wir unterwegs sein und dabei einen Abstecher nach Venezuela und an die Karibikküste von Kolumbien machen.

Die erste Änderung ergibt sich als ich den Wegweiser „Guatapé“ sehe. Eigentlich können wir dies jetzt besuchen und sparen so einen Tag in Medellín. Ich war bereits hier, aber den Peñol habe ich nicht „bezwungen“. Der Peñol bietet bestimmt eine der eindrücklichsten Landschaften in Kolumbien. Vor gut 35 Jahren wurde hier ein Stausee angelegt, mit einem grossen Gewinn für die Region. Dies ist heute ein wichtiges Naherholungsgebiet für Medellín und am Wochenende stark bevölkert.
Der Aufstieg ist schweisstreibend, die Aussicht entschädigt aber für alles.




Die erste Nacht verbringen wir im Naturschutzgebiet Rio Claro, hier war ich bereits mit Bairon und habe Brille und Kamera verloren. Mit Norah gehe ich gemütlich an, wir machen ein zweistündiges River Rafting der untersten Schwierigkeitsstufe.
Wenn die Möglichkeit besteht in Honda zu übernachten, dann muss man die Gelegenheit ergreifen, schon zu Ehren meiner Honda Africa Twin, meiner treuen Begleiterin. Woher der Name kommt konnte ich aber nicht ergründen. Der Rio Magdalena, der längste Fluss Kolumbiens, ist hier ein breiter Fluss, oben in San Agustin habe ich ihn als kleinen Bach kennen gelernt. Der Fisch aus ihm schmeckt aber auch hier hervorragend. Das Klima hier ist tropisch, 32° C zeigt das Thermometer.

Baustellen unterbrechen die Fahrt, lange Kolonnen, vorwiegend Lastwagen, stehen in der Gegenrichtung. Irgendwann geht gar nichts mehr, aber mit der Twin kann man ja ganz links, in der Mitte und rechts überholen, sofern genügend Platz vorhanden ist. 

Auf diesem Foto sieht man links einen Lastwagen, welcher am Rad wechseln ist, rechts davon steht der Lastwagen mit dem Motorschaden. In der Gegenrichtung steht der Lastwagen der hinter 100 anderen steht. Zwischen dem zweiten und dritten stehe ich und versuche erfolglos durchzukommen, 5 cm haben gefehlt. Rückwärts und dann an der Bergflanke entlang funktionierte es.


Übernachtet haben wir in Zipaquira. Mit Bus und Taxi sind wir fast zwei Stunden ins Stadtzentrum von Bogotá gefahren. Museo del Oro und eine Besichtigung der Plaza Bolivar und des Regierungsviertels sind Pflicht. Simon Bolivar, der Gründer von Bolivien, ist für Norah natürlich eine wichtige Person, so gaben wir u. A. sein Haus besichtigt.

Die Cathedral de Sal in Zipaquira haben ich nochmals besucht, wenn man das Religiöse ausblendet und die Cathedrale als Kunstwerk betrachtet ist sie faszinierend.
Lange habe ich über der Karte „gebrütet“. Sollen wir die lange Strecke via Venezuela und Karibikküste fahren – oder einfach hier die Gegend geniessen? Wir haben uns für die gemütliche Variante entschieden.
Auch das Kolonialstädtchen Villa de Leyva ist ein Muss.  Hier besteht die grösste Plaza von Kolumbiens mit über 14‘000 m2.

Die Strassen und die Plaza bestehen aus grossen Steinen, der Verkehr ist daher sehr langsam. Am Wochenende ist es ein beliebtes Ausflugsgebiet von Botota.



Der Wochenmarkt zeigt uns die Vielfalt der einheimischen Produktion. Viele der hier erhältlichen Früchte sind in Europa relativ unbekannt.

Überall stehen grosse Gewächshäuser, in diesen werden vorwiegend Tomaten und Mais angebaut.

Das Fósil ist ein etwa 110 Millionen Jahre alter Pliosaurus, ein mariner Dinosaurier. Der Kopf ähnelt einem Krokodil, der Körper einem Delfin. Der Schwanz und ein Hinterbein fehlen, aber auch so ist er 9 m lang.
Observatorium Muisca. Anhand zwei parallelen Reihen mit je 56 Steinsäulen konnten die Muisca das aktuelle Datum anhand des Sonnenstandes bestimmen. Zudem stehen grosse Stein-Penisse aller Formen und Grössen auf dem Gelände, der grösste ist ca. 4 m hoch. Es sollen Tausende in der Gegend gestanden sein, als Zeichen der Fruchtbarkeit. Das war für die Katholiken ein Ding des Teufels, so haben sie das Observatorium in „El Infernito“ umbenannt, in "die kleine Hölle". Ironischerweise wurden für ein nahes Kloster 56 Stein-Penisse als tragende Elemente verbaut.











Ein Reitausflug an die Pozzos Azules schloss unseren Besuch in Villa de Leyva ab.

Dienstag, 3. September 2013

Medellins Umgebung

Das Departament Antioquia hat viel zu bieten, so fahre ich gegen Süd-Westen in eine mir noch  unbekannte Gegend.


Seit Tagen sind in ganz Kolumbien Unruhen, Blockaden und Krawalle, in Medellín ist es aber ruhig. Die Blockade gegen Süden in Caldes kann ich durch die Stadt umfahren.

Was ist denn mit meiner Twin los? Sie hat mich problemlos während 66‘000 km durch Südamerika begleitet, nun ist der Regler für die Batterie ausgestiegen, ein bekanntes Problem. Es wird zu viel Strom an die Batterie abgegeben, diese könnte explodieren oder einen Kabelbrand auslösen. Zum guten Glück bin ich in der Nähe von Medellín. So fahre ich mit Scheinwerfer und lege dazwischen einige Stopps mit Licht ein um die Batterie etwas zu entladen.

Jericó ist mein Ziel.

In Jericó sehe ich als erstes das Hostel El Bohio, dort bleibe ich. Ich wundere mich dass es keine Fensterscheiben hat. Da es relativ warm ist spielt es keine Rolle dass die Fenster offen sind. Das Gesetz verbiete in Jericó Glasscheiben, aus Gründen des Heimatschutzes, erzählt mir Henry, der Hotelier. Beim Spaziergang durch das Dorf fallen mir die sehr schönen, farbigen Fenster und Türen auf, alle ohne Glas.  




Eine Seilbahn führt zu einem Aussichtspunkt, aber ich habe Pech. Die grosse Revision wird durchgeführt, heute und morgen ist die Bahn ausser Betrieb.



Am Abend treffe ich im Restaurant einen Liftmonteur, ich  „klage“ ihm mein Leid. Kein Problem, ich solle morgen um 10 h vorbeikommen, er könne es einrichten.
So fahre ich am nächsten Morgen mit der Bahn zum Aussichtspunkt. Leider ist der Himmel im Süden bewölkt, so dass der erhoffte Rundblick versperrt ist, auch der höchste Berg von Kolumbien versteckt sich hinter den Wolken. Die Talfahrt erfolgt mit offener Türe, die Gondel ist mit Wasserkanistern beschwert. Halte unterwegs dienen Messzwecken. Einfach normal scheint mein Leben kaum zu verlaufen ;-)).







Diese Hüte sind in Kolumbien weit verbreitet, es gibt sie in vielen Formen und Farben.





Jericó ist ein Zentrum für Lederartikel. 

Die Carrieles, diese Ledertaschen, werden auf der ganzen Welt verkauft.


Da würde in der Schweiz manche Bauerfrau neidisch, wenn sie diesen Blumenschmuck sähe!



Kaffee und Bananen werden hier in grossem Stil angebaut. In Plastiksäcke verpackte Bananen habe ich erst in Ecuador gesehen.
Natürlich habe ich mich auch weiterhin in Medellín umgesehen, hier die Kathedrale an der Plaza Bolivar.



Das „Centro Comercial Palacio Nacional“ ist in einem sehr speziellen historischen Gebäude untergebracht, schade dass hier fast nur Kleider und Schuhe verkauft werden. Dass sich alle Optiker in derselben Strasse befinden, alle Metzger nebeneinander, ebenso die Schreiner etc. etc. ist hier weit verbreitet.


Ist das der Beweis dass Lupo vor langer Zeit gelebt hat oder ist es nur ein Spass des Restaurators? In welchem Museum ich ihn entdeckt habe weiss ich leider nicht mehr.
Als ich Samuel sagte, dass ich am Sonntag nochmals nach Santa Fé de Antioquia fahre, entschliesst er sich sofort mich zu begleiten, mit seiner neuen Freundin Tatjana. 

Auf der Finca von Mario geniessen wir den Montag, mit Schwimmbad und Blick auf das schöne Städtchen.













Als ich um etwa 21 Uhr vor dem Hotel stehe und in die Garage fahren will erlebe ich wie auf der anderen Strassenseite zwei mit Pistolen bewaffnete Männer auf einem Motorrad ein anderes Motorrad von der Strasse abdrängen und zum Anhalten zwingen. Auf diesem sitzen ein junger Mann und seine Frau, welche einen Säugling im Arm hält. Das Ganze dauert kaum eine Minute und die Räuber fahren davon. Gegenwehr kann tödlich sein. Die Honda war neu, aber der Mann hat eine Versicherung. Eigentlich fühle ich mich hier sicher, aber wenn man im falschen Moment am falschen Ort ist …


Morgen landet Norah. Geplant habe ich via Bogota und Bucaramanga nach Venezuela zu fahren. Dort fahren wir um den Lago de Maracaibo an die Karibikküste von Kolumbien. Via Santa Marta und Cartagena geht es zurück nach Medellín.